Dienstag, 29. April 2014

Einmal Bastogne und zurück

Der zweite Radklassiker innerhalb einer Woche, und zwar der älteste überhaupt, La Doyenne, oder Lüttich-Bastogne-Lüttich mit bürgerlichem Namen. Einen Tag vor den Profis durften die Hobbyradler auf die Strecke und mal testen, wie sie damit klarkommen. Drei Streckenvarianten standen zur Auswahl, die vollen 270km und 4.500 Höhenmeter waren mir zuviel. Die mittlere Variante gerade richtig: 167km und 2.700 Höhenmeter. Weite Teile verlaufen dabei auf der Originalstrecke, mit den Originalbergen. Der erste stand nach 55km im Profil, der erste mit Namen. Die 4-5 zum Teil langen Anstiege ohne Namen zu Beginn der Challenge fallen da mal eben durch den Rost. Also nach 4-5 Bergen die es gar nicht gibt beginnt das Gebiet der namenhaften Anstiege. Aber erst mit der Cote de la Haute Levee nach 76km wirds so richtig steil. Mit 12% gehts nach oben. Und es beginnt der auch landschaftlich schönste Abschnitt, den ich nun auch genießen kann, weil das Fahrerfeld mittlerweile soweit auseinandergezogen ist, dass man nicht ständig auf irgendwelche Vorder- oder Hintermänner aufpassen muss. Die Abfahrt an Franchorchamps vorbei war ziemlich genial, ja, das Franchorchamps mit der Rennstrecke nebenan. Wo ich schon Franchorchamps sage: einmal Bastogne und zurück stimmt für die mittlere Streckenvariante natürlich nicht, das gilt nur für die lange Variante. Einmal Franchorchamps und zurück passt sicher besser, ist auch etwa auf der Hälfte der Strecke.

Nach schöner Abfahrt folgt ein schöner Berg, Col du Rosier. Die Profis fahren den nicht, keine Ahnung warum die eine etwas andere Strecke fahren, um einen anderen Berg zu fahren. Und auch an diesem Berg überholen mich noch echt schnelle Jungs, die die Berge auf dem großen Blatt hochjagen, krass, so ähnlich muss es sich auch anfühlen, wenn die Profis die Berge hochfliegen. Das mich so viele am Berg überholen beunruhigt mich etwas, bin ich doch eigentlich ganz gut am Berg. Vielleicht schadet Holland meiner Bergform, oder zuviel gutes Essen. Aber es kann auch einfach am 3-stündigen Startfenster liegen. Zwischen 6:30 und 9:30 konnte jeder starten wann er will. Und wie beim Amstel Gold Race im letzten Jahr schon erfahren, macht man davon auch rege Gebrauch, ganz anders als in Deutschland wo ein jeder den erstmöglichen Startzeitpunkt nutzt. So kann es gut sein, dass sich ein paar schnelle Jungs noch um 9:30 auf die Reise machen, und das Feld von hinten aufrollen.

Nach den ersten drei richtigen Bergen des Tages folgt ein 25km langes Stück zum aktiven erholen. Lange Abfahrt und dann mit leichtem Rückenwind immer leicht abfallend bis...an den Fuß der Redoute. Jetzt da 117km gefahren sind, kommt das Beste, das dicke Ende. Alle 10km eine steile Rampe von 1-2km und 10-16%. La Redoute macht den Anfang. Hier wo für die Profis das Finale beginnt und die ersten ernsthaften Angriffe zu erwarten sind, stapeln sich schon am Vortag des Rennens die Wohnmobile links und rechts im unteren Teil des Anstiegs. Am Ende dieser ersten Rampe am Phil Gilbert Zelt wird es kurz flach, dann gehts links um die Kurve und in die zweite Rampe, eine ganze Ecke steiler als das erste Stück. Langsam kriecht der Lindwurm aus Radfahrern dort hoch, auf schmaler Straße. 

Zwischen La Redoute und der Cote de Saint-Nicolas stehen nicht nur zwei weitere Scharfrichter im Profil sondern wie gehabt auch zwei weitere Berge, die im Roadbook des Tages nicht namentlich erwähnt sind. So wird es zumehmend schwerer, sich nach erfolgreichem Gipfelsturm noch einigermaßen zu erholen, um für den nächsten Berg gerüstet zu sein. Vorbei am Stadion von Standard Lüttich und durch ein Industriegebiet gehts dann nach Saint Nicolas. Und was im Fernsehen so leicht und spielerisch aussieht ist ein hartes Stück Arbeit, bergauf durch den Ort. Was allerdings dann noch folgt mag ich anfangs kaum glauben. Im ständigen Zickzack bergauf und steil bergab gehts über enge Straßen und zum Teil mit Kopfsteinpflaster nach Ans. Zum Glück für die Profis dürfen die eine andere Strecke nach Ans nehmen. Dort aber wartet der letzte Anstieg, und der ist wieder für alle gleich. Not exactly simple haben das die Eurosport Reporter bezeichnet, und das ist eine schöne Untertreibung. Am Teufelslappen vorbei geht es ordentlich nach oben, aber dann ists geschafft. Die Profis biegen links ins Ziel und für uns gehts rechts weg die letzten Meter zurück. Die letzten 50km haben auch ordentlich den Schnitt nach unten korrigiert. Letztendlich habe ich für die 167km ganze 6,5 Stunden gebraucht, uff.

Als Fazit sei noch ein Vergleich mit dem Velodom erlaubt. Statt Riesenstartnummern mit Logos diverser Sponsoren hat man hier kompakte Startnummern gedruckt, die man ohne Probleme am Trikot befestigen kann. Außerdem war das Startpaket ein schlanker Umschlag mit Startnummer und Chip und einem Bon, für das LBL T-Shirt. Das bekam man dann bei Chiprückgabe. So gehts auch, und wäre auch in Köln gegangen. Einfach das Fresspaket in den Startbeutel und als Finishbeutel ausgeben. Das wärs gewesen, Lüttich hats vorgemacht wie es geht. Auch die Ausschilderung des Startbereichs und der Parkplätze war vorbildlich, anders als in Köln. Ab dem Autobahnende standen Hinweisschilder und man wurde als Radler und Autofahrer super in die richtige Richtung geschickt. Daumen hoch! Der Vorteil in Köln war natürlich die Vollsperrung der Rennstrcke für den Autoverkehr. Auf manchen der großen Straßen in und um Lüttich wurde es doch einige Male sehr eng, mit hunderten von Rennradlern und vielen Autos. Aber mit Verständnis und gegenseitiger Rücksichtnahme ging in meinem Umfeld alles gut. Tolle Veranstaltung!


 Startnummernformate von LBL und Velodom im direkten Vergleich.

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