Beat the monster – it’s out there…so heisst es im briefing zum Monstertijdrit. Und
auf Radsport-Aktiv liest man: „Das Konzept ist so einfach wie abstoßend“. Und das
alles trifft die Sache ziemlich gut. Schon allein die Tatsache, ein Zeitfahren
über 122,55 km (76,1 miles) zu organisieren ist schon ziemlich verwegen. Als
Strecke haben sich die Organisatoren die Polder in Flevoland südöstlich von
Almere ausgesucht, nochmal verwegen: drei Runden a 40,85 km sind zurückzulegen,
um das Monster zu besiegen, drei Runden auf einem Rechteckkurs. Von ein paar
Brücken abgesehen ist der Kurs flach, und erschließt landwirtschaftliche
Nutzflächen – keine größeren zusammenhängenden Waldfächen, leider.
Denn als
wenn das Monster nicht schon so hart genug ist, hat Petrus heute sein Gebläse
aufgestellt. Kontinuierlich pustet es vom Start weg aus Osten in die Polder,
und zwar richtig kräftig. Die ersten 2,5 km hat man deshalb erstmal Rückenwind.
Und das ist gut, denn ich komme fast zu spät, keine Zeit zum warmfahren, 20
Sekunden vor meiner Zeit stehe ich am Start – die Zeitmessmatte auf einer
Straße mitten in der Pampa. Nach eben jenen 2,5 km geht’s rechts um die Ecke
und nun steht der Wind im Gesicht, 12 km geradeaus. Wenn die Brücken nicht wären,
könnte man wahrscheinlich die nächste Kurve schon sehen.
Zieleinlauf eines Monsterbezwingers (das bin nicht ich): Matte auf der Straße, Auto plus Computer - das ist Start und Ziel des Monstertijdrit.
Den ersten Fahrer sehe
ich vor mir, toll, aber die Abstandsmessung ist ernüchternd, sieht nah aus,
sind aber 2 min. Da hat also jemand schon eine Minute rausgefahren. Und auch
von hinten kommen die ersten. Fröhlich werde ich überholt, von zeitfahrbehelmten,
karbonisierten, scheibengeräderten Sportsfreunden. Das hier ist ein
Spezialistentreffen, und ich mittendrin, herzlichen Glückwunsch.
Nach 15 km geht’s
wieder rechts um die Ecke und dann bläst der Wind von links in die Strecke. Zum
Glück gibt’s ein paar Hecken. Nach 23 km geht’s auf die Gegengerade, 12 km
Rückenwind. Während ich gegen den Wind manchmal Mühe habe, 20 km/h zu halten, geht’s
bei Rückenwind auch schon mal mit 41
km/h dahin. Nach einer guten Stunde biege ich das erste Mal auf die Zielgerade,
5 km lang, wieder schnurgeradeaus. Landschaftliche Reize sucht man vergebens,
kann man den Kopf auch unten lassen, ist eh besser für den Nacken. Mit 31,5
km/h beende ich die erste Runde, und weiter geht’s.
Zielgerade des Montsertijdrit, und gleichzeitig typisches Bild der Flevolandpolder am 29.9.: unten grün, oben blau und mittendrin eine sehr frische Brise aus Ost.
Mir scheint, der Wind ist
stärker geworden. Nach 50 km passiert was ich nicht für möglich gehalten habe:
ich überhole zwei vor mir gestartete Mädels, na immerhin, Gesamtletzter werde
ich wohl nicht. Heilfroh bin ich, als ich die Gegengerade zum zweiten Mal
erreiche. Streckenhalbzeit nach 2:03, bei noch 2 ausstehenden
Rückenwindabschnitten sollte ich damit deutlich unter 4 Stunden bleiben. Es
sollte anders kommen….als ich das nächste Mal meine Nase in den Gegenwind
stecke wird mir sofort klar, es geht nur noch ums ankommen, fieser Wind. Dann löst
sich einer meiner Aeroaufsätze, toll, anhalten, festschrauben, weiter. Dann
stelle ich fest, dass ich mein Vorderrad verkehrt eingebaut habe, Wurscht, ich
quäle mich weiter, schreie den Wind an, seinen Betrieb einzustellen, zwecklos.
Irgendwann ists geschafft, für die letzten knapp 20 km heisst es Segel setzen
und ins Ziel. Pustekuchen, mein Oberschenkel macht zu, ein Krampf, und was für
einer. In einer Einfahrt krabbel ich mühsam vom Rad und dehne das lädierte
Bein. Ein netter Herr vom OK hält an und unterstützt mich beim Dehnen. Ich
versuche es wieder, rolle locker weiter, es geht. Ich bleibe beim locker rollen
und versuche möglichst ohne Kraftaufwand ins Ziel zu kommen. Die 4 Stunden sind
natürlich jetzt Makulatur. Mit einem Schnitt von unter 30 km/h rolle ich über
die Zielmatte, geschafft, ich habe das Monster besiegt. Es hat sich zwar
gewehrt, mit Händen und Füßen, aber ich habe es besiegt, nicht mehr und nicht
weniger. Noch gibt es keine Ergenbisliste (reiche ich nach), aber ich würde mich wundern wenn hinter mir noch viel Platz auf der Liste ist - der Beste kommt eben zum Schluss...;-).
Und jetzt gibt es auch die offiziellen Ergebnisse: 98. Platz, hooray, von 101 gewerteten. Dabei war ich nach Runde 1 noch 116. - da haben es wohl einige nicht bis ins Ziel geschafft. Die letzte Runde war so richtig unterirdisch, 24.88km/h, über 20 min langsamer als in Runde 1. Aber wenn man auch minutenlang auf nem Bauernhof hockt um sein Bein zu reaktivieren....
Das war auf jeden Fall eine einmalige Erfahrung, in jeder Hinsicht,
gemacht haben, jawohl, aber eben nur ein Mal. Konditionell hätte ich hier noch
ne Schippe draufpacken können, kein Problem, aber ohne Kraft in den Beinen
funktioniert das nicht. Aber wo soll sie auch herkommen: seit Wochen sitz ich
nur 1x die Woche auf dem Rad. Das reicht für Ausdauerfahrten vollkommen, aber
nicht für lange Rennen im Grenzbereich. Ich musste also auch dieses Mal Julia
enttäuschen: Papa hat nicht gewonnen….aber letztendlich hat er doch gewonnen,
ein tolles Sportjahr geht zu Ende. Coole Events habe ich gesehen, Amstel Gold
Race, Beachrun, Triathlon Binnenmaas und meine Geburtstagstour – meine spontanen
Highlights. Ein Dank an dieser Stelle an meine Familie, die meine Eskapaden entweder
mitmacht oder mich machen lässt. Das ist grandios!
Hallo Henning , schöner Bericht und tapfer gekämpft.
AntwortenLöschenNur einmal mitmachen und nie wieder, hatte ich Sonntag nach Zieleinfahrt auch gedacht.
ABER.......2014 werde ich wieder starten, es war hart aber mit den neuen Erfahrungen kann es nur besser werden und vielleicht kommt auch bei Dir die Erkenntnis,
das Monster ärgere ich nochmal :-)
gruß
Mike aus Bayern
Danke! Vielleicht hast du recht, das Monster nochmal zu ärgern. Vielleicht nehm ich auch im naechsten Jahr mal die Almere Challenge mit. Ist ja alles fuer mich um die Ecke - wohne in Den Haag. Schaun mer mal...schöne Grüße nach Bayern.
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