Classico Boretti ist die vierte Toertocht in vier Wochen,
und gleichzeitig sowas wie der Abschluss des Radfrühjahrs: nächste Woche Urlaub
ohne Rad, dann Feinschliff für Leiden (Laufen), dann erwarten wir ein Baby was mit
Radlangstrecken schwierig in Einklang zu bringen sein wird…Und endlich mal wird
das Frühjahr seinem Namen wirklich gerecht. Das Wetter in den letzten Wochen
war zwar toll, mit viel Sonne, aber immer noch mit empfindlich kühlem Wind von
der eiskalten Nordsee. Am Start in Hoofddorp entledige ich mich der Beinlinge
und los geht die Reise.
Mit weit über 5.000 Radlern geht’s zunächst Richtung
Schiphol. Ich arbeite mich sukzessive nach vorne, überhole Gruppe um Gruppe
bevor ich zum ersten Mal überholt werde. Einige Zeit später kommt eine weitere
Gruppe von hinten und jetzt sind wir zum ersten Mal am Wasser. Ohne
kompliziertes Radwegschnickschnack geht es für viele Kilometer immer am Wasser
lang, auf richtigen Straßen und kaum Autos. Rote Ampen werden von freundlichen
Helfern "beschützt", sodass wir Radler eine immer grüne Welle haben, toll.
Die
Jungs haben richtig Zug drauf: nach 1,5 Stunden hab ich nen 34er Schnitt auf
der Uhr, wenn das so weitergeht…und wir stehen in einer Baustelle, verfahren,
wie das. Zurück, und auf einmal wollen die Jungs wohl die verlorene Zeit
aufholen, drücken mächtig aufs Gas, zu mächtig. Mit Ach und Krach bleibe ich
dran bis wir eine größere Gruppe erreichen, nur um dann festzustellen, dass
hier weitergeprügelt wird, ohne mich.
Dann das nächste Mal verfahren, schnell
sammeln sich 30-40 Fahrer und grübeln über den weiteren Streckenverlauf. Es ist
aber auch schwer, soviele Radwege und Nebenstraßen, die manchmal von Kreuzungen
abzweigen, da ist selbst ein Pfeil nicht eindeutig genug. Nach 2 Stunden die
letzte Streckenteilung, nun sind die 165er unter sich. Bisher gab es immer noch
keinen Verpflegungspunkt, mmh, bei dieser großen und auch nicht ganz billigen
Tour habe ich schon damit gerechnet. Meine Vorräte sind minimal, zu wenig für
165 km. Ich beginne sie trotzdem zu vernichten, bringt ja nix.
Nach 3,5 Stunden
sind 115 km gefahren, und meine Vorräte am Ende. Außerdem frischt der Wind auf,
der mir manchmal auch ordentlich ins Gesicht pustet. Das werden harte 50 km. Ne
halbe Stunde später fängt mein Magen an zu knurren, der Puls ist schon länger
angestiegen, ich fahre auf Reserve. Und während ich mich schon damit abgefunden
habe, dass es ein Hungerexperiment wird, kommt sie doch noch, bevoorading
heisst das hier, oder so ähnlich. Ist zwar sehr sparsam ausgestattet, aber Hunger
treibt selbst ein Rosinenbrötchen rein. Dazu ne Banane, und pipigelbes
Isozeugs, und weiter geht’s.
Und es war als wie wenn man einen Schalter umlegt,
oder Reisig in die Glut wirft, es geht wieder was. Puls geht runter, Energieschub,
nicht mehr so rund wie in den ersten zwei Stunden, aber immerhin. Die letzten 15
km sind dann eher zäh. Nach Zusammenführung mit der kurzen Strecke wird es eng
auf dem Radweg, und die Geschwindkeitsdifferenzen groß. Da ist wieder volle
Konzentration gefragt, bei immer noch wechselnden Winden. Dann bin ich drin. Die
Zielverpflegung ist prima: jeder bekommt einen Energydrink nach Zieldurchfahrt,
und einen Pott Nudeln gibt’s obendrauf. Dann geht’s auf nach Hause. 165
Classico Boretti, plus insgesamt 22 km An- und Abfahrt, der Tag hat sich
gelohnt.
Achja, 2 Beobachtungen noch zum Schluss. Erstens, kaum
Radler nehmen die Dienste der Bahn in Anspruch. Während man in Berlin selbst
bei 200 Teilnehmern die Herrschaften schon in der S-Bahn traf, gibt es nichts
entsprechendes bei der 30 fachen Besetzung. Stattdessen stapeln sich auf dem
kostenlosen Parkplatz die Autos, dass es nur so kracht. Und große Gruppen von
Radfahrern sind auch selten bis nicht existent. Während man in Berlin schonmal
ein 200er Feld en bloc durch die Lande ziehen sieht, bestimmen hier die vielen
Vereine und Firmengruppen das Bild und die Gruppen. Finde ich persönlich sehr
viel angenehmer.
Letzendlich waren das vier spannende Touren, vom Amstel Gold Race bis zum Classico Boretti, habe viel gelernt, viele schöne Strecken kennengelernt, hat sich auf jeden Fall gelohnt.